Warum wir unsere Kunden zu Beginn zu ihren Bewerbungsprozessen befragen
Personalberatung hat Konjunktur – wie die Wirtschaft im Großen und Ganzen auch. Der Zusammenhang ist offensichtlich. Die Auftragslage ist sehr gut, immer mehr kleinere und mittlere Unternehmen nutzen diese Dienstleistung.
Längst vorbei die Zeiten, wo über Personalberatung ausschließlich Management-Positionen besetzt wurden. Sämtliche Führungsebenen und seit einigen Jahren verstärkt Fachleute und Spezialisten werden in Auftrag gegeben. Die Honorare liegen im Bundesdurchschnitt bei ca. 25% des betreffenden Jahresgehaltes.
Über den Erfolg entscheidet jedoch weniger die Höhe des Honorars und die ggf. daraus resultierende Motivation. Neben die klassischen Kernkompetenzen des Suchens und Findens (Research, Ident, Headhunting etc.) hat sich gleichberechtigt die Kompetenz der Kommunikation gestellt und nimmt mittlerweile den ersten Platz ein auf der Liste der entscheidenden Faktoren.
Kommunikation umfasst in diesem Sinne alle Formen des Kontakts über den Gesamtprozess verteilt: Erstansprache, Motivation, Interviews, Koordination,
Briefing, Feedback, u.U. Mediation. Die von den Unternehmen gesuchten und gewünschten Bewerber/innen sind sich heute Ihres Wertes für die Unternehmen stärker bewusst denn jemals zuvor. Und da alle auf der Suche nach Ihnen sind, ist die Frequenz von Ansprache und Angeboten hoch – mit steigender Tendenz. Kandidaten besonders stark nachgefragter Berufsgruppen erhalten mehrere Angebote täglich!
In dieser Situation gewinnt das Vorgehen an sich enorme Bedeutung. Die einzelnen Schritte, die den Gesamtprozess Bewerbungsverfahren bilden.
Wie erfolgt die Ansprache? Welchen Informationsgehalt hat sie? Wie kann/soll der Kandidat sich bewerben? Wieviele Pflichtfelder enthält der Online-
Fragebogen? Wird ein Anschreiben verlangt? Wo landen die Daten?
Wann erfolgt die Rückmeldung auf die Bewerbung. Wieviel Zeit vergeht bis zum ersten Gespräch im Unternehmen? Wer führt das erste Gespräch? Wieviele Gespräche sind geplant, welche Schritte kommen zusätzlich hinzu (Probetag, AC etc.)?
Werden Zusagen eingehalten (Feedback zum Gespräch, Zusenden Vertragsentwurf etc.)?
Erhält der Kandidat einen festen Ansprechpartner über den gesamten Prozess? Sind die Zuständigkeiten für die Einarbeitung geregelt?
Ein Bespiel zur Verdeutlichung:
2 Kundenunternehmen aus dem Ingenieur-Wesen, beide bundesweit mit zahlreichen Niederlassungen vertreten und spezialisiert auf die Planung von anspruchsvollen Ingenieurbauwerken in den Bereichen Infrastruktur, Hochwasserschutz, Hafenanlagen, Industriebau u.a. Beide haben ständig Bedarf an Projektingenieuren und Projektleitern (m/w) und beschäftigen jeweils ca. 200 Mitarbeiter/innen. Die Attraktivität bezüglich der Projekte, der Ausstattung wie auch der Vergütung ist vergleichbar.
Kunde A:
Die Zuständigkeit für die Besetzung der Stellen und die Personal-Beschaffung liegt bei den fachlichen Leitern. Das bedeutet ca. ein Dutzend individuelle Vorgehens- und Sichtweisen, sehr unterschiedliche Schwerpunktsetzung und Erfahrung. Die fachlichen Leiter sind durch Projekt- und Abteilungsverantwortung terminlich stark gebunden und häufig gezwungen, ihre Personalthemen den anderen Pflichten unterzuordnen.
Termine für Vorstellungsgespräche sind schwer zu finden, müssen mitunter verlegt werden, so dass – von den Bewerbern unverschuldet – mehrere Wochen vergehen können bis zu einer Einladung. Das Feedback zum Gespräch erfolgt häufig erst nach vielen Tagen, manchmal gar nicht bzw. erst auf Nachfrage – je nach zuständiger Person.
Für eine Entscheidung bedarf es idR. eines (Zweit- oder Dritt-) Gespräches mit dem Geschäftsführer, der sich das letzte Wort vorbehält. (zusammengefasst: viele Zuständige, kein einheitlich abgestimmter Prozess, hoher Abstimmungsaufwand, zahlreiche Kommunikationshürden, Informationsverlust)
Kunde B:
Die Zuständigkeit für die Besetzung der Stellen und die Personal-Beschaffung liegt bei der Geschäftsführung, die von einer Vollzeit-Recruiterin unterstützt wird.
Die GF hat den Anspruch, spätestens 4 Werktage nach Eingang der Bewerbung ein erstes Gespräch mit dem Kandidaten/der Kandidatin in einer der Niederlassungen zu führen; wenn nicht anders möglich, als Telefon- oder Skype-Interview.
Eine Entscheidung über eine Einstellung wird innerhalb der ersten 3-4 Wochen nach Bewerbung avisiert. In diesem Zeitraum liegt ein persönliches Kennenlernen (wenn noch nicht erfolgt) mit dem künftigen Vorgesetzten und klärende, weiterführende Telefonate mit der Recruiterin.
(zusammengefasst: zwei Zuständige, ein klar geregelter und transparent gemachter Prozess, unkomplizierte Abstimmung, klare und wertschätzende Kommunikation)
Die Erfahrung, die ein Bewerber im Prozess seiner Bewerbung mit einem Unternehmen macht, entscheidet immer häufiger darüber, ob er sich für oder gegen das Unternehmen entscheidet.
Davon hängt nicht zuletzt unser Erfolg als Personalberater ab. Deshalb ist für uns in der Prüfung eines Kunden neben der Klärung, welche Positionen zu besetzen sind und wie die inhaltlichen und finanziellen Rahmenbedingungen gestaltet sind, die Frage entscheidend, wie der Umgang mit Bewerbern gestaltet ist und wie sich das in den einzelnen Prozessen niederschlägt.