Prokrastination ist ein sperriger Begriff, hinter dem sich ein bekanntes Alltagsphänomen versteckt. Umgangssprachlich wird der Fachbegriff oft lächelnd als „Aufschieberitis“ bezeichnet. Was genau verbirgt sich hinter diesem Phänomen, wichtige Aufgaben erst kurz vor Ultimo zu erledigen und wie gelingt es, diesen Teufelskreis zu durchbrechen? Eines vorweg: Faulheit ist nicht die Ursache für Prokrastination.
Was genau ist Prokrastination?
Prokrastination ist ein lateinischer Begriff, der so viel wie „vertagen“ bedeutet. Dahinter verbirgt sich das Phänomen, wichtige Aufgaben mit Terminvorgabe nicht mit Tatkraft und Elan zu erledigen, sondern permanent aufzuschieben. Das kann den privaten Sektor genauso betreffen wie den beruflichen, schulischen und akademischen Bereich. Oft sind es unangenehme Aufgaben, die eine hohe Konzentration erfordern und vergleichsweise viel Zeit in Anspruch nehmen. Gründe für das Aufschieben wichtiger Tätigkeiten lassen sich im Alltag zuhauf finden.
Ein klassisches Beispiel aus dem Berufsalltag ist das Erstellen einer Präsentation, die zu einem bestimmten Termin dem Chef zur Abnahme vorgelegt werden muss. Statt die Aufgabe Punkt für Punkt im Büro abzuarbeiten, wird das E-Mail-Fach Dutzende Male auf neue Nachrichten gecheckt, ein Schwätzchen mit Kollegen gehalten, der Kaffeeautomat strapaziert und nach News im Internet gestöbert.
Besonders häufig äußert sich Prokrastination auch, wenn eine wichtige Prüfung bevorsteht. Ob Schüler, Student oder Teilnehmer einer Weiterbildung: viele kennen das Problem, dass Sie vor dem geöffneten Ordner sitzen und die Gedanken ständig abschweifen. Dann wird sich Aufgaben gewidmet wie den Geschirrspüler auszuräumen, Unterlagen zu sortieren oder die Zimmerpflanzen zu gießen. Die Aufgabe, das vor sich liegende Modul zu lernen, bleibt unerledigt.
Ein weiteres populäres Beispiel für „Aufschieberitis“ in der Gegenwart, insbesondere im Home Office: Schnell noch eine Folge der neuesten Netflix-Serie schauen. Dauert ja nur 40 Minuten.
Prokrastination ist keine Faulheit
Wer nicht von der Prokrastination betroffen ist, setzt dieses Phänomen oft mit Faulheit gleich. Das ist falsch, denn die sogenannte „Aufschieberitis“ ist ein aktiver Prozess. Die Betroffenen liegen in der Regel nicht auf der Couch oder befinden sich im Büro auf einer illegalen Online-Shopping-Tour. Es werden in dieser Phase Aufgaben erledigt. Nur handelt es sich nicht um wichtige Tätigkeiten mit Terminvorgabe, sondern um vermeintlich einfache Arbeiten. Den Betroffenen ist natürlich bewusst, dass mit jeder Stunde, die ungenutzt verstreicht, der Druck immer größer wird. Hinzu kommt, dass das schlechte Gewissen an der Psyche nagt.
Ursachen für das Alltagsphänomen
Die Ursachen für Prokrastination sind vielfältig. Hauptproblem zahlreicher Aufschieber ist Folgendes: Sie sind nicht oder nur unzureichend in der Lage, Prioritäten zu setzen. Hinzu kommen oft Minderwertigkeitskomplexe, die sich in Versagensängsten und in der Angst vor Kritik manifestieren. Um diese negativen Emotionen zu kompensieren, suchen die Betroffenen kurzfristige Erfolgserlebnisse. Abwaschen, Bügeln und Putzen sind nicht nur Ablenkungsmanöver, die Tätigkeiten schaffen in überschaubarer Zeit Erfolgserlebnisse. Auch Konzentrationsschwierigkeiten und Probleme, ein effizientes Zeitmanagement zu organisieren, führen mittelfristig zur Prokrastination.
Effiziente Gegenmaßnahmen
Prokrastination erzeugt hohen Leidensdruck bei den Betroffenen. Die gute Nachricht: „Aufschieberitis“ ist kein Zustand, der in Stein gemeißelt und unveränderbar ist. Mit praxiserprobten Gegenmaßnahmen können Sie diesem Phänomen begegnen und sich voller Eifer den wirklich wichtigen Aufgaben widmen. Bewährt hat sich das Einführen von Ritualen. Legen Sie einen bestimmten Zeitpunkt fest, an dem Sie täglich mit der Arbeit beginnen. In der Viertelstunde vor dem Start erledigen Sie immer wiederkehrende Tätigkeiten wie Kaffee kochen, Durchlüften, PC hochfahren usw. Folgende Maßnahmen haben sich darüber hinaus als wirkungsvoll erwiesen:
- Erstellen von ToDo-Listen mit realistischen Zielen
- Pausenzeiten festlegen und einhalten
- bewusst Limits das Arbeitspensum betreffend setzen
- Ablenkungsquellen eliminieren bzw. minimieren (Smartphone ausschalten, Mailprogramm erst öffnen, wenn die Aufgabe beendet ist)
- eigenes Verhalten reflektieren und sich die Konsequenzen bewusst machen
- kein Multitasking (z.B. gleichzeitig Telefonieren, Mails checken, Whatsapp-Nachrichten lesen und an der Primäraufgabe arbeiten)
Ganz wichtig zum Abschluss: Die Belohnung nach Fertigstellung!