Der Newsfeed Algorithmus von Facebook erscheint mittlerweile fast so geheimnisumwittert wie der Google Algorithmus. Viele verteufeln ihn, doch wenige wissen, was wirklich dahinter steckt. Dabei ist Facebook mit aktuell (Stand November 2016) knapp 1,8 Milliarden monatlich aktiver Nutzer der Big Player in den sozialen Medien. Kaum ein Unternehmen kommt bei der Planung einer Social Media Strategie um ein Engagement bei Facebook herum. (Warum Sie überhaupt eine Social Media Strategie brauchen, lesen Sie hier.)
Warum eigentlich ein Newsfeed Algorithmus?
Viele Unternehmen behaupten, es sei immer schwieriger einfach und schnell Reichweite bei Facebook zu generieren. Immer wieder wird bemängelt, dass der Newsfeed Algorithmus von Facebook nur dazu da sei, Unternehmen zum Buchen des kostenpflichtigen Advertising zu bewegen.
Doch Fakt ist, dass Facebook genau wie Google dem Nutzer das beste mögliche Ergebnis zeigen möchte. Im Falle von Google sind das die richtigen Antworten auf eine Suchanfrage. Im Fall von Facebook sind es die für den jeweiligen Nutzer relevantesten Posts. Und das sind nun einmal nicht zwangsläufig die Posts von Unternehmen. (Auch wenn das mancher Verantwortliche vielleicht anders sieht…)
Doch warum muss Facebook überhaupt eine Vorauswahl treffen?
Stellen Sie sich vor, dass Sie 150 Facebook-Freunde haben, Ihnen 200 Seiten gefallen und Sie in 5 Gruppen sind. Jeder Ihrer Freunde postet täglich durchschnittlich eine Statusmitteilung oder ein Bild und interagiert mit 10 Beiträgen. Dann kommen Sie hier alleine auf täglich 150 Posts und 1.500 mögliche „Ihr Freund hat XY geliked“-Beiträge. Dazu kommen die 3 Posts jeder Seite und die 5 Beiträge in jeder Gruppe. So kommen zu Ihren 1650 möglichen Beiträge noch 625 weitere.
Das ergibt 2275 Beiträge in 24h. Also knapp 2 Beiträge pro Minute.
Wollen Sie persönlich so viele Nachrichten sehen? Und mit Ihnen interagieren?
Sicherlich nicht!
Daher entscheidet Facebook, was jeder einzelne Nutzer zu sehen bekommt.
Sichtbar oder nicht, das ist hier die Frage
Angefangen hat der Newsfeed Algorithmus als sogenannter Egderank mit den drei Faktoren Affinität, Gewicht und Timing.
Dabei bezeichnet die Affinität (Affinity, u) die Beziehung zwischen dem Absender (hier: Facebook-Seite) und dem Empfänger (hier Ihre Fans).
Das Gewicht (Weight, w) schätzt den Wert eines Beitrages ein: Wie viele Interaktionen gab es zu diesem Beitrag? Wie hoch ist die Interaktionswahrscheinlichkeit?
Und letztendlich beschreibt das Timing (Decay, d) nicht nur die Postinghäufigkeit der Seite, sondern vor allem der Zeitabstand zwischen Veröffentlichung und Login des Users.
Dazu sind mittlerweile tausende weitere Faktoren gekommen, wie:
- Ist der Inhalt aktuell und relevant?
- Erscheint die Quelle vertrauenswürdig?
- Wird es mit Freunden geteilt oder würde man es weiterempfehlen?
- Ist der Inhalt tatsächlich interessant oder ein Versuch den Newsfeed auszutricksen? (Aufforderung zum Liken, Kommentieren, etc.)
- Kann man den Post als minderwertig qualitativ oder reinen Meme bezeichnen?
- Würde man selbst sich beschweren, wenn man den Post im Newsfeed hätte?
Die neuesten Updates
Um sein erklärtes Ziel zu erreichen, jedem User nur noch die relevantesten Beiträge anzuzeigen, wird der Newsfeed Algorithmus regelmäßig aktualisiert und angepasst.
Seiten, die mit Tricks, Spam, Hoaxes und zu viel Werbung arbeiten, wurden von Facebook in den letzten Jahren durch gesunkene Reichweite abgestraft. Das begann im August 2013 als Tricks zur Manipulation der Reichweite ausgeschaltet worden sind, wurde im April 2014 fortgesetzte, als das „Like-Betteln“ weniger Reichweite erfuhr und setze sich fort als 2014 und 2015 Klick-Baits ausgebremst und virale Inhalte auf Falschmeldungen überprüft wurden.
Seit Februar 2016 werden vermehrt Nutzerbewertungen eingeholt, um das Erlebnis immer weiter zu optimieren.
Die aktuellsten Anpassungen können wie folgt zusammengefasst werden:
Freunde sind wichtiger als Seiten und werden daher immer öfter angezeigt werden. Die Verweildauer bei einem Post ist noch wichtiger als Interaktionen. Aber all das hilft nicht, wenn keine informativen Inhalte veröffentlicht werden.
Tipps für erfolgreiche Beiträge
Um dem Newsfeed Algorithmus gerecht zu werden, sollten Sie daher regelmäßig relevante Inhalte posten. Und relevant meint hier nicht für irgendwen geeignete Inhalte, sondern solche, die Ihre Zielgruppe bei Facebook sehen will. Das können bei dem einen Unternehmen Bilder sein, beim anderen Live-Videos und beim Dritten offene Fragen, die zu Diskussionen anregen.
Um das dazu sollten Sie Ihre Statistiken regelmäßig überprüfen und anhand dessen planen, wann die Posts online gehen sollten (nämlich dann, wenn Ihre Zielgruppe online ist) und wie oft Sie posten können (News können in einer deutlich höheren Frequenz gepostet werden als Links oder Fotos).
Außerdem sollten Sie sich ein wirklich gutes Community-Management aufbauen! Das bedeutet nicht nur, dass Kommentare zeitnah beantwortet werden. Das bedeutet auch, dass kreativ und informativ auf die positiven und negativen Meinungen eingegangen wird. Schließlich wollen Sie echte Interaktion mit Ihren Fans. Denn Sie sind in den sozialen Medien, um zu kommunizieren!
Da die Verweildauer wichtig ist, sollten Ihre Links auf wirklich qualitativ hochwertige Inhalte verweisen, der Post an sich aber eher knackig kurz gehalten sein. Denken Sie immer daran, dass ein durchschnittlicher Facebook-User trotzdem durch zahlreiche Beiträge scrollt und diese innerhalb von Sekunden nach Relevanz scannt. Dabei haben die wenigsten Zeit und Lust als Einleitung schon einen Roman zu lesen.
Wenn Sie verschiedene Formate nutzen, erreichen Sie sowohl diejenigen unter Ihren Nutzern, die sich lieber Bilder anschauen, als auch die, die lieber lesen. Das gilt ebenso für das Verknüpfen des Facebook-Kontos mit einem Instagram-Account.
Auch wenn die Netzwerkgeschwindigkeit des Users über die angezeigten Inhalte entscheidet (bei langsamem Internet werden keine ladungsintensiven Videos angezeigt), gilt, dass aktuell Live-Videos deutlich mehr Reichweite erhalten als alle anderen Beiträge. 360 Grad Bilder eingeschlossen.
Wenn Sie aktuelle News veröffentlichen wollen, dann denken Sie an den Faktor Geschwindigkeit! Wer erst gründlich recherchiert, bevor er seine News postet, der erreicht deutlich weniger Nutzer als die Konkurrenz. Denn die hat dann vermutlich schon 3x gepostet.
Fazit
Ob Sie ihn verteufeln oder nicht: der News Feed Algorithmus von Facebook ist eine Tatsache.
Nein, Sie werden nie alle Fans erreichen und ja, Ihre organische Reichweite wird vermutlich nach und nach abnehmen. Das liegt nicht an dem Wunsch Facebooks mit ihrem Advertising Geld zu verdienen, sondern am steigenden Konkurrenzdruck im Newsfeed. Schließlich ist nahezu jedes Unternehmen mittlerweile bei Facebook.
ABER – und das sollten Sie sich immer wieder vor Augen halten – relevante Inhalte werden durch den Newsfeed Algorithmus überhaupt erst Ihren Fans gezeigt! Facebook filtert relevante Beiträge durch tausende „irrelevante“ hindurch und erzeugt die Sichtbarkeit beim Nutzer.
Das bedeutet, wenn Sie gute Inhalte haben, sorgt Facebook auch dafür, dass diese bei den Fans ankommen und nicht zwischen hunderten neueren Nachrichten verschwindet.
Jeder Social Media Manager sollte sich also damit auseinandersetzen, wie der Newsfeed Algorithmus funktioniert. Denn nur dann können Inhalte geschaffen werden, die Facebook als relevant für seine Nutzer erachtet. Und die Ihren eigenen Kunden und Fans ein Like oder Share wert sind.
Weiterführende Links:
Eine schöne Übersicht über die Entwicklung vom Edge Rank zum News Feed Algorithmus finden Sie in diesem Artikel bei Seokratie.
Wirklich umfangreiche Informationen und alle Updates finden Sie bei hier bei Allfacebook.
Und natürlich nicht zu vergessen die Hinweise und Anleitungen von Facebook selbst.