Schon 2019 verzeichnete Augmented Reality einen Rekordwachstum. Die kommerzielle Unterstützung durch Tech-Unternehmen wie Amazon, Microsoft, Apple, Facebook und Google lassen AR gut aufgestellt in die nächste Runde gehen. Bereits im Mai 2019 gab es weltweit 1,5 Milliarden Nutzer für AR-unterstützende Mobilgeräte. AR-Experten gehen davon aus, dass sich das Wachstum der Branche auch im Jahr 2020 wieder beschleunigen wird.
Auf einer Reihe technischer Veranstaltungen, darunter die Augmented World Expo und die Consumer Electronic Show, wurde der Großteil der neuesten AR-Entwicklungen präsentiert, aus denen sich 7 Trends für den Augmented Reality Markt für 2020 ableiten lassen:
Trend 1: Mobile AR
Im Jahr 2017 wurden die Entwicklungstools mit der Einführung der ARKit- und ARCore- Softwareentwicklungskits (SDKs) von Apple standardisiert und die Erstellung von mobilen AR-Apps vereinheitlicht. Dies hatte zur Folge, dass sich die Anzahl der mobilen AR-fähigen Geräte mehr als verdoppelte und sich die Anzahl der aktiven Nutzer in 1,5 Jahren verdreifachte. AR-Experten und große Hersteller von Mobilfunkgeräten gehen davon aus, dass die Anzahl der Nutzer für Mobile AR im Jahr 2020 weiterhin steigen wird.
Trend 2: Augmented Reality als neues Einkaufserlebnis
Laut einem Bericht von Gartner sollen 2020 mindestens 100 Millionen Nutzer AR-fähige Einkaufstechnologien nutzen. AR als Einkaufserlebnis ist deshalb der heißeste Einzelhandels-Trend des Jahres, denn der Boom um die AR-fähigen Mobilgeräte bedeutet für den Sektor die Besetzung mit ausgereiften und robusten Technologien. So können Kunden und Einzelhändler sie bequem als Teil ihrer täglichen Erfahrung nutzen.
AR im Einzelhandel kommt an. Dies bestätigt ein aktueller Bericht, bei dem 48% der Verbraucher angaben, dass sie eher bei einem Einzelhändler kaufen würden, der AR-Erfahrung hat. Derzeit setzen jedoch nur 15% der Einzelhändler AR ein und nur 32% gaben an, AR/VR-Anwendungen in den nächsten drei Jahren bereitstellen zu wollen.
Besonders in den Bereichen Kosmetik, Mode und Wohnen kann die Verwendung von Technologien, welche die Gesichtserkennung unterstützen, eine persönliche Beratung bieten oder sich an örtliche Lichtverhältnisse anpassen, ein enormer Mehrwert für den Kunden sein. In diesem Zusammenhang werden auch virtuelle Assistenten das Einkaufserlebnis zukünftig stark beeinflussen.
Trend 3: AR für (Indoor-) Navigationslösungen
Für die Indoor-Navigation mit AR-Technologien dürfte 2020 das Jahr werden. Bereits jetzt stürzen sich Anwender auf Kartendienste von Apple und Google, um sich Outdoor fortzubewegen. Die Indoor-Navigation wird jedoch der absolute Trend sein. So soll es beispielsweise ARKit- und ARCore- basierte Anwendungen zur Indoor-Navigation geben, die in Flughäfen, Krankenhäusern, Einkaufszentren und Büros zielsicher navigieren können.
Der Londoner Flughafen Gatwick Airport hat bereits eine Smartphone-Lösung entwickelt, die, basierend auf der Flugnummer des Nutzers, Routen zu Terminals und Gates bereitstellt.
Google hatte bereits 2019 eine Beta-Version seiner Funktion für erweiterte Routenberechnung für Google Maps veröffentlicht, welche zukünftig für alle AR-kompatiblen iOS- und Android-Mobilgeräte verfügbar sein soll.
Trend 4: AR-Lösungen für Unternehmen
Während sich Smart Glasses derzeit noch in einem Stadium befinden, in dem Verbraucherlösungen noch einige Jahre entfernt sind, ist die Entwicklung und der Einsatz von AR-Technologien für die Militär-, Medizin und Automobilbranche ein absoluter Trend.
Eines der Hauptprobleme für AR ist die Lebensdauer der Batterie. Bereits im Februar 2019 wurde die Microsoft Brille HoloLens 2 angekündigt und war das am meisten erwartete Produkt auf diesem Gebiet im Jahr 2019. Das Unternehmen arbeitet auf Hochtouren an der Verbesserung der Verarbeitungsleistung, der Akkulaufzeit und der Tragbarkeit des Geräts, um es schnellstmöglich einführen zu können. Besonders das Militär zeigt großes Interesse an der HoloLens 2, da die Brille beispielsweise eine bessere Sicht bei Staub und Nebel ermöglicht. Außerdem ist die integrierte Gesichtsscanningfunktion ein weiterer Vorteil für Soldaten, da die Brille Personen sowie Lügen an der Mimik erkennen lässt. Außerdem kann sie fremdsprachige Schilder in Echtzeit übersetzen.
Auch andere Branchen und Hersteller sehen die Zukunft der Unternehmen im AR-Bereich. Beispielsweise ist das Interesse an der im Mai 2019 angekündigten Google-Datenbrille Glass Enterprise Edition 2, die Trägern bei der täglichen Arbeit unterstützen soll, seitens Unternehmen wie Volkswagen, DHL, Boeing und GE groß.
Trend 5: AR wird durch Künstliche Intelligenz (KI) erweitert
Die Künstliche Intelligenz und das maschinelle Lernen sind zwei Bereiche, in denen die Technik sehr schnell wächst. Dabei ist das Zusammenführen mit Augmented- und Mixed-Reality-Systemen eine naheliegende Erweiterung. Dies gilt besonders für Bereiche, die für die KI und ML am besten geeignet sind, darunter in der Medizin – beispielweise in Form von Online-Sprechstunden oder der Erstellung von Diagnosen bei Krankheiten. Experten sind der Meinung, dass AR und KI das traditionelle Geschäftsmodell im Gesundheitswesen verändern werden, beispielweise durch Al-basierte Diagnosetools und AR/MR-fähige Freisprechlösungen.
Ein weiterer Trend ist die sinnvolle Verbindung von Kundenprofilen mit AR und ML, mit denen Händler die Kundenbedürfnisse, basierend auf dem Standort und der Umgebung des Kunden, identifizieren und persönliche Empfehlungen geben können. Das Verlassen des Webbrowsers und der Gang auf die Einkaufsmeile in der realen Welt birgt deshalb ein großes wirtschaftliches Potential.
Ebenfalls wichtige Innovationstreiber im Einzelhandel werden die Point-and-Shoot-AR-Lösungen sein. In einem Geschäft kann ein Einkäufer beispielweise während seines Rundgangs eine Al-basierte Kundenberatung erhalten. Fragen zu Preisen, Funktionen oder aktuellen Angeboten können von einem Chatbot beantworten werden, der auf NLP-Technologien basiert. Hierbei können die Antworten sogar speziell auf das Kundenprofil zugeschnitten sein, um im laufenden Betrieb eine bessere Personalisierung zu ermöglichen.
Trend 6: WebAR
2020 ist das Chrome AR im Webbereich ein mit Spannung erwartetes Produkt, bei dem Benutzer keine speziellen Apps verwenden müssen, sondern sich einfach auf AR-fähigen Websites anmelden können, um auf dieselbe Funktionalitätsebene zugreifen zu können.
Auch Mozilla beschäftigt sich mit dem Trend WebAR und versucht für Firefox AR-Lösungen bereitzustellen. Die WebAR-Standards, die derzeit noch nicht festgelegt sind, sollen außerdem auch bei den Webbrowser-Angeboten von Apple, Samsung und Microsoft rasch umgesetzt werden.
Auch wenn die WebAR-Standards noch nicht festgelegt worden sind, wird derzeit schon die Implementierung von AR in den Browsern entwickelt, indem vorhandene Bibliotheken (z.B. AR.js) portiert oder neue Bibliotheken (z.B. A-Frame, React 360) entwickelt werden.
Dieses Jahr soll WebAR dann in praktisch jedem Webbrowser weltweit verfügbar sein.
Trend 7: AR in der Automobilbranche
Schon im Jahr 2019 präsentierten einige Autohersteller bereits On-the-Road-AR-Lösungen, die jetzt weiter ausgebaut werden. Um die Fahrgenauigkeit sicherzustellen, verwendet beispielsweise der Genesis G80 eine Reihe von entsprechenden Funktionen, darunter die Verfolgung der Sichtlinie des Fahrers, um sicherzustellen, dass sich die holographischen Überlagerungen immer am richtigen Ort befinden. Anstelle eines GPS-Panels im Armaturenbrett, sieht der Fahrer Pfeile mit Live-Anweisungen auf einem Head-up-Display. In ähnliche Technologien investiert auch Porsche massiv.
Das Interessante: Obwohl die militärische Luft- und Raumfahrt Head-up-Displays bereits seit vielen Jahren nutzt, wird das Potential von AR erst jetzt in die Automobilwelt integriert. So können zukünftig beispielsweise am Armaturenbrett angebrachte Displays die Sichtlinie des Fahrers auf die Windschutzscheibe projizieren. Zudem können Fahrer auf Gefahren aufmerksam gemacht werden, indem die AR-Displays Anweisungen und Verkehrswarnungen ausgeben. Zudem können sie Informationen über nahegelegene Sehenswürdigkeiten und interessante Ziele geben.
Das Schweizer Unternehmen WayRay ist, abgesehen von den Automobilunternehmen, der derzeit größte Akteur in diesem Bereich und präsentierte zuletzt das i-Cockpit 3D HUG in einem nagelneuen Peugeot 208.
Der größte Vorteil der automobilen AR ist, dass zahlreiche Probleme, anders als in vielen anderen Anwendungsfällen, leichter überwunden werden können. Zum einen verfügen Autos bereits über Generatoren, mit denen Strom erzeugt werden und so ein fortlaufender Betrieb weitestgehend gesichert werden kann – was zumindest die Bedenken hinsichtlich der Batterie überwiegend beseitigt. Zum anderen dient eine Windschutzscheibe auch als Ersatz für schwerfällige Headsets.
Laut Experten soll die AR/VR -Branche bis 2025 auf mehr als 25 Milliarden US-Dollar wachsen – Tendenz steigend. Die aktuellen AR-Trends haben demnach ausgezeichnete Zukunftsaussichten und werden sämtliche Geschäftsbereiche bestimmen, die das Potential von Augmented Reality erkennen und nutzen werden.
Quellen:
https://mobidev.biz/blog/augmented-reality-future-trends-2018-2020
https://www.vdc-fellbach.de/nachrichten/2019/02/04/augmented-reality-jetzt-auch-beim-militaer/