Es war einmal … So beginnen viele Märchen und Erzählungen. Auch Content Marketing hat eine Geschichte. Eine kleine, die zu erzählen gut zur Weihnachtszeit passt. Warum? Einfach, weil an Weihnachten Geschichten erzählt werden. Geschichten, die uns verzaubern und entführen sollen.
Es war einmal …
… ein Traktor. Beziehungsweise ein Unternehmen, das Landmaschinen herstellt. Eines Tages kam das Unternehmen auf die Idee, ein Magazin rund um das Thema „Landarbeit“ zu erstellen. Das Unternehmen gab seinem Magazin den Namen „The Furrow“ und veröffentlichte Geschichten, Tipps und Tricks rund um die Arbeit auf dem Land. Damit wollte das Unternehmen seinen (potentiellen) Kunden einen echten Mehrwert bieten und gleichzeitig dafür sorgen, dass die Kunden das Unternehmen schätzen, ihm vertrauen und schlussendlich seine Landmaschinen kaufen.
All das fand im Jahr 1895 statt. Das Unternehmen war John Deere. Es existiert noch heute und ist weltweit bekannt. Auch „The Furrow“ existiert heute noch. Das Magazin hat inzwischen eine Auflage von 1.5 Millionen Exemplaren und wird in 12 verschiedenen Sprachen in 40 Ländern vertrieben. Was für eine Erfolgsgeschichte.
Lange Zeit wurde dieses Beispiel vom Content Marketing Institute aus New York als eines der ersten Content-Marketing-Maßnahmen überhaupt dargestellt. Inzwischen hat das Institute weiter recherchiert und zahlreiche frühere Beispiele für Content Marketing gefunden: http://contentmarketinginstitute.com/2016/07/history-content-marketing/.
Neue Technologien – neue Möglichkeiten
Viele Jahre blieb es bei dieser Art von „Content Marketing“ – es wurde aber noch lange nicht so genannt, sondern hieß ganz banal „Kundenzeitschrift“. Eine der bekanntesten ist sicher die „Apotheken-Umschau“, die sich jeder aus der Apotheke kostenlos mitnehmen kann. Der Fokus von Marketing-Abteilungen lag aber bei den heute „klassischen“ Werbeträgern: Anzeigen, Hörfunkwerbung, Fernsehwerbung. Contentbasierte Medien – wie wir sie heute im Content Marketing kennen und einsetzen – existierten entweder technologisch noch nicht, waren nicht einfach an den Kunden zu bringen und fielen schlicht hinter den kostenintensiven aber die Zielgruppe erreichenden klassischen Kanälen zurück.
Erst mit der Digitalisierung wurde „Content” zu einem größeren Thema, denn nun war er leichter kopier-, vernetz- und verbreitbar. Mit dem Aufkommen des Internets und des World Wide Web entstanden nicht nur vollkommen neue Kommunikationskanäle (Webseite, Social-Media-Anbieter), sondern auch neue Kommunikationsmittel (Whiteboards, Newsletter, Blogeinträge). Webseiten waren zu Beginn vorwiegend statisch und wurden selten geändert. Sie boten keine Interaktionsmöglichkeiten und dienten insgesamt eher als digitale Visitenkarte eines Unternehmens (und wurden auch so wahrgenommen).
Im Zuge des Aufbaus immer schnellerer und mehr Datenmengen verarbeitender Internet-Technologien kamen Ende der 90er-Jahre die ersten Multimedia-Inhalte auf. Mit der Entwicklung der „medienneutralen Datenhaltung” begann der Aufbau von Content-Management-Systemen (CMS). Außerdem entstanden aus Datenbanken gespeiste Systeme zur Generierung dynamischer Webseiten.
Anfangs gab es also vor allem statische Webseiten, wenige „Schreiber“ und viele Benutzer. Jetzt ist alles dynamisch, mobil & responsive. Aber vor allem: Die Nutzer können selbst aktiv werden. Und wollen es auch! Die passiven, einseitigen Strukturen des Web 1.0 grenzen sich vor allem durch das interaktive Nutzerverhalten im und die geänderte Wahrnehmung des Internets im Web 2.0 ab. Die Reputation des Internets ist dabei gestiegen, Onlinebanking ist zum Beispiel für die meisten von uns heute völlig normal. Das Web 2.0 verweist somit auf eine grundsätzliche Zäsur in der Erstellung, Darstellung und Konsumierung von Content und damit einhergehenden gesamtgesellschaftlichen Veränderungen.
Der „Zero Moment of Truth“
Es ist also in den letzten Jahren zu einem grundlegenden, weltweiten Wandel im Konsum- und Kommunikationsverhalten gekommen, der sich auch auf das Marketing in Unternehmen und Organisationen auswirkt. Ein wichtiger Aspekt für Unternehmen und Organisationen ist auch, dass die Zielgruppe nun direkt angesprochen werden kann. Es bedarf also nicht mehr zwangsläufig einer Vermittlung durch Dritte – wie zum Beispiel Verlagshäuser, die Anzeigenplätze in Zeitungen anbieten oder Fernsehsender, die TV-Werbung schalten. Dadurch entstehen neue Optionen, aber auch Herausforderungen in der Unternehmenskommunikation.
Im Zuge der vielfältigen Informationsquellen, die das Internet bietet, sind auch die Verbraucher in ihrem Konsumverhalten kritischer geworden. Glaubten Sie schon vorher nicht einfach so jeder Werbebotschaft, so nutzen Sie nun diese neuen Quellen intensiv, um sich im Vorfeld einer Kaufentscheidung umfangreicher über ein Produkt oder eine Dienstleistung zu informieren. Das Internet bietet die dafür notwendige Transparenz zum Vergleich von Waren und Preisen. Außerdem besteht Zugriff auf Beurteilung anderer Konsumenten, ein direkter Erfahrungsaustausch ist möglich.
Google bezeichnete dieses stark zugenommene Informationsverhalten im Vorfeld von Kaufentscheidungen bereits 2011 als den „Zero Moment of Truth“. (Google, 2015) Bis dahin war man im Marketing im Wesentlichen von drei entscheidenden Steps für Kaufentscheidungen ausgegangen:
-
Stimulus
Der potentielle Kunde wird durch eine Werbebotschaft zum Kauf stimuliert, z.B. durch einen Werbespot, einen Flyer im Briefkasten, etc.
-
First Moment of Truth
Am sogenannten „Point of Sale“ kommt der Kunde das erste Mal direkt mit dem Produkt in Kontakt, evtl. in direkter Umgebung zu Konkurrenzprodukten – z.B. Haarshampoos in einem Shop. Hier spielt sowohl die Anmutung des Produktes selbst, seine Darstellung vor Ort bis hin zur Platzierung im Regal eine entscheidende Rolle für den Übergang vom unentschiedenen hin zum entschiedenen, kaufwilligen Kunden.
-
Second Moment of Truth
Vom Second Moment of Truth spricht man, wenn der Kunde das Produkt anwendet. Überzeugt das Produkt auch hier, ist man der gewünschten Kundenbindung einen großen Schritt nähergekommen. Andernfalls wählt der Kunde beim nächsten Mal u.U. eines der Konkurrenzprodukte.
Google hat in seiner Studie von 2011 festgestellt, dass durch das geänderte Konsum- und Kommunikationsverhalten auch eine Änderung bei Kaufentscheidungen eingetreten ist und dies den „Zero Moment of Truth“ genannt. Bevor der Verbraucher überhaupt zum Point of Sale kommt, informiert er sich zunächst eingehend im Internet über das Produkt und die Anbieter. Er zieht Beurteilungen anderer Nutzer in seine Kaufentscheidung ein und recherchiert nach potentiellen Angeboten und Vergünstigungen. Der Übergang vom unentschiedenen zum entschiedenen Käufer geschieht gemäß Google bereits an dieser Stelle. Der Käufer geht also in vielen Fällen bereits mit einer getroffenen Kaufentscheidung an den Point of Sale. (Google, 2015)
Dieses geänderte Verhalten ist für Unternehmen essentiell wichtig: Kaufentscheidungen werden heute z.T. komplett online getroffen und auch durchgeführt. Dafür erwartet der Verbraucher entsprechende Informationen der Unternehmen. Dies betrifft Informationen über das Produkt oder die Dienstleistung genauso wie Informationen über das Unternehmen. Es geht also zum einen um pragmatische Fragen nach Materialien, Funktionen, Ausstattungen, Erfahrungsberichten etc. – zum anderen aber auch um eine emotionale Ansprache, um Expertentum, eine transparente Unternehmenskultur und -verantwortung.
Content Marketing setzt an genau diesem Punkt an: Den potentiellen Kunden am Zero Moment of Truth erreichen, ihn durch informativen, abwechslungsreichen und unterhaltenden Content auf sich aufmerksam machen und ihn dann möglichst langfristig an sich binden.
Google’s geänderte Keywordstrategie
Im Februar 2011 zog Google die ersten Konsequenzen aus dieser Entwicklung und veröffentlichte ein erstes Algorithmus-Update namens „Panda“. Im April 2012 folgte ein weiteres Update mit der Bezeichnung „Pinguin“. Beide Updates richteten sich gegen den masseweise produzierten Billig-Content und beeinflussten zusammen immerhin 15 Prozent aller Webseiten weltweit. Gut geschriebener, wirklich informativer und unterhaltender Content sollte nun dem Google-Nutzer in erster Linie geboten werden.
Im August 2013 vollzog Google seinen Algorithmus einer umfassenden Überarbeitung. Dieses „Hummingbird” genannte Update beeinflusste mehr als 90 Prozent aller Suchanfragen weltweit. Es ist so bedeutend, weil es nicht einfach nur ein Update des vorhandenen Algorithmus‘ darstellt, wie die beiden vorab launchierten Updates „Panda“ und „Penguin“. Es handelt sich vielmehr um einen gänzlich neuen Suchalgorithmus, der maßgeblich den Umgang mit Keywords und das Ranking von Webseiten beeinflusst.
Der Fokus von „Hummingbird” liegt auf einer besseren Interpretation der Inhalte von Webseiten und einem besseren Verständnis der Intention der Suchanfrage. Um dies zu erreichen, hat Google seinen Algorithmus so umgebaut, dass der Fokus weniger auf einzelnen Keywords liegt, sondern vielmehr jedes einzelne Wort einer Wortgruppe betrachtet wird. Auf diese Weise wird die Gesamtintention, die Gesamtaussage eines Textes stärker in das Ranking einbezogen als einzelne Wörter und die Anzahl der Backlinks.
Auswirkung hat dieses Update auf alle Suchanfragen, aber insbesondere auf Long-Tail-Anfragen. Ganz entscheidend ist der neue Algorithmus für gesprochene Suchanfragen. Die Software erkennt den Kontext der Anfrage und gibt relevantere Ergebnisse aus. Außerdem bezieht der Algorithmus bereits gestellte Suchanfragen in den Kontext einer neuen Frage ein. Fragt man z.B. nach dem Standort des Eifelturms und anschließend „Wie hoch ist er?” erkennt Google, dass mit „er” der Eifelturm gemeint ist. Außerdem reagiert Google damit unter anderem auf das „Spamen” von Texten, also die Überfrachtung mit Keywords, die die Textqualität negativ beeinflussen. Google hat erkannt, dass der Kunde qualitativ hochwertigen Content wünscht – also informative, unterhaltende, einen Mehrwert bringende Suchergebnisse – und keine um Keywords und Backlinks herum gebaute Webseiten. Mit seinem neuen Suchalgorithmus „zwingt” Google die Unternehmen quasi, hochwertigen Content zu veröffentlichen.
FAZIT
Content-Marketing an sich ist nicht neu und wurde schon vor über einhundert Jahren angewandt. Technologische und gesellschaftliche Entwicklungen haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass sich das Informations- und Kaufverhalten von Kunden geändert hat und dadurch neue Bedürfnisse an wertige Inhalte entstanden sind. Für Unternehmen ist es heute leichter als je zuvor, in einen direkten Kontakt mit dem Kunden zu treten ohne dazwischengeschaltete Medienunternehmen wie Zeitungsverlage, Hörfunk- oder Fernsehanstalten. Die Kundenansprache ist nicht nur einfacher, sondern auch kostengünstiger geworden. Dadurch ist der Hype um Content-Marketing entstanden.
Gleichzeitig leben wir in einem Zeitalter der „Überinformation“. Nur wirklich werthafte Inhalte, die sich im Kampf um die Aufmerksamkeit des Kunden durchsetzen, werden überhaupt noch wahrgenommen. Genau deswegen ist es so wichtig, seine Zielgruppe zu kennen und gezielt anzusprechen. Die Geschichte des Content Marketing ist noch lange nicht vorbei. Sie wird sich weiter wandeln und spannende, neue Wege gehen.