Stress am Arbeitsplatz und wie wir ihn vermeiden können
Über 80 Prozent der Deutschen leiden unter Stressfaktoren am Arbeitsplatz. Vor allem junge Arbeitnehmer im Alter von 18 bis 39 Jahren sind besonders gefährdet und fühlen sich vom Job stark belastet.
Was ist das eigentlich genau – Stress?
Umgangssprachlich wird oft von Stress gesprochen, jeder kennt es, wenn es „mal stressig“ wird, er „voll im Stress“ ist oder „den ganzen Tag Stress“ hat. Dabei ist Stress und das damit verbundene Stresserleben etwas ganz Individuelles und wird von jeder Person unterschiedlich wahrgenommen. Stress ist eine unspezifische Antwort des Körpers auf eine Anforderung und wird damit zu einer Aktivierungsreaktion unseres Körpers. Der Geist wird wach und fokussiert sich auf das „Problem“. Die Muskeln spannen sich an, wir sind zum Handeln bereit und konzentriert.
Negativer oder positiver Stress?
Spricht man von Stress, heißt das nicht, dass Stress immer etwas Negatives sein muss, sondern für unser Wohlbefinden und die Gesundheit in einem bestimmten Rahmen sogar unerlässlich ist. Denn es gibt sowohl positiven (Eustress) als auch negativen Stress (Disstress).
Positiver Stress, oder auch Eustress, wird in der Regel nicht als Belastung empfunden – er führt sogar dazu, dass wir uns gut auf eine Sache konzentrieren können. In diesem Zustand fällt es uns leicht, an einer Sache dran zu bleiben. Wir sind wach, aufmerksam und sehr produktiv, brauchen weniger Pausen, da sich dieser Stress gesundheitsfördernd auswirkt. Positiver Stress ist also ungefährlich und sogar lebensnotwendig.
Im Gegensatz zu Eustress kann sich negativer Stress, also Disstress, schlecht auf unseren Organismus auswirken. Disstress wird von den betroffenen Personen immer als Belastung wahrgenommen. Negativer Stress kann auch in bestimmten Situationen sinnvoll sein, z.B. in Gefahrensituationen. Da ermöglicht er es uns, schnell zu reagieren und die Situation schneller zu begreifen. So kann die hohe plötzliche Adrenalinausschüttung dafür sorgen, dass wir bei einem Beinah-Unfall schnell reagieren und ihn verhindern können. In genau solchen Situationen ist negativer Stress gut und erwünscht. In allen anderen Lebensbereichen ist länger andauernder negativer Stress zu vermeiden.
Disstress wird vor allem durch den von außen kommenden, aber auch selbst auferlegten Leistungs- und Zeitdruck verursacht und äußert sich im Ende darin, dass die enorme Stressbelastung schädliche Auswirkungen auf die Struktur oder die Funktion des Organismus hat. Denn wenn diese Art von Stress länger anhält und sich Stressphasen zu einem Dauerzustand entwickeln, sind Bluthochdruck, Magengeschwüre oder schlimmstenfalls Herzinfarkte die Folge. Durch Disstress über einen längeren Zeitraum kann auch Burnout entstehen. Vorübergehenden Disstress kann der Organismus recht leicht kompensieren, wenn er allerdings länger anhält, macht er entweder körperlich, seelisch oder psychosomatisch krank.
Stress im Job
Gerade im Job wird Stress noch häufiger wahrgenommen als der Druck, den man sich selbst macht.
An der Spitze der Stressbelastungen aus der Arbeitswelt steht der ständige Termindruck. Dies ist bei der zunehmenden Digitalisierung und den damit verbundenen kürzeren Wegen und Zeiten auch kaum verwunderlich. Abgabefristen müssen eingehalten werden, obwohl kaum ausreichend Zeit für die Mitarbeiter vorhanden ist, um die zugrundeliegenden Aufgaben zu bewältigen.
Auch schlechtes Arbeitsklima, Überstunden oder die ständige Erreichbarkeit sind die Top-Stressoren im Berufsleben.
Negativer Stress lässt sich nicht immer vermeiden, weshalb es von großer Bedeutung ist, zu wissen, wie man mit ihm umgehen kann, um gesund zu bleiben.
Stress hat aber selten nur eine Ursache. Zahlreiche Aufgaben und komplexe Lebenslagen können zusammengenommen also zu Stress führen. Gerade in bestimmten Bereichen können Schwachstellen identifiziert werden, durch die sehr oft Stressoren entstehen können. Dies betrifft vor allem äußere Stressfaktoren wie die Betriebsorganisation (zu hohe Anforderungen, zu enge Zeitplanung, Termindruck, unerwartete Unterbrechungen etc., den Arbeitsplatz (falsche Einrichtung, fehlerhaftes Werkzeug, Lärm oder Kälte am Arbeitsplatz, einseitige Bewegungen etc.) und das Betriebsklima (schlechte Arbeitsatmosphäre etc.).
Viele dieser Stressfaktoren können durch eine von vornherein gut angelegte Betriebsorganisation vermieden werden. Dahingehend müssen Führungskräfte in diesem Bereich eine deutliche Mitverantwortung erhalten und müssen dafür sorgen, dass Mitarbeiter ihre Aufgaben bewältigen können und auch die nötige Zeit dafür bekommen.
Die Umsetzung eines Stressmanagements im Unternehmen ist also unerlässlich. Arbeitnehmern sollte ausreichend Zeit für die Durchführung ihrer Aufgaben eingeräumt werden, schlechte Arbeitsplatzausstattung sollte komplett vermieden werden und auch schlechtem Arbeitsklima kann durch gezielte Maßnahmen entgegengewirkt oder sogar präventiv verhindert werden.
Wie wir mit Stress umgehen müssen
Ein erster Schritt in diese Richtung ist die Schärfung der Wahrnehmung von Stress. Häufig wird Stress als etwas Selbstverständliches angesehen oder überhaupt nicht wahrgenommen, dass ein hoher Stresspegel zugrunde liegt. Um herauszufinden, ob ein Mitarbeiter mit viel oder auch wenig Stress belastet ist, kann ein Stresstest Abhilfe schaffen, mit dem bestimmte Reaktionen auf Stress wie beispielsweise erhöhte Beanspruchungen und Belastungen physischer und psychischer Art gemessen werden können.
Gerade im Büroalltag lassen sich Situationen, in denen man gerne mal „aus der Haut fahren“ möchte, nicht vermeiden. Deswegen ist es entscheidend, in akuten Stresssituationen einen kühlen Kopf zu bewahren und einer Reaktion, die zu mehr Stress und Angespanntheit führt, zu entgehen.
Da jeder Mensch ganz individuell mit problematischen Reaktionen umgeht, können die folgenden Empfehlungen auch mehr oder eben auch weniger wirksam sein.
- Stopp – die Notbremse ziehen
- Vor einer weiteren Handlung erst einmal eine Pause einlegen und die Reaktion auf den bedrohlichen Reiz stoppen.
- Bis 3 zählen.
- Fragen, ob es sich wirklich lohnt, über die Sache aufzuregen
- Emotionale Distanz herstellen
- Die Situation nicht auf sich persönlich beziehen.
- Bewusstmachen, dass sich jeder aus ganz persönlichem Grund so verhält, wie er es tut (z.B. wenn ein Autofahrer vor uns extra langsam fährt, tut er dies nicht, um uns zu ärgern, sondern vielleicht weil er einen Parkplatz sucht)
- Schnellmeditation
- Auf die Atmung konzentrieren, tief ein- und ausatmen.
- Mit geschlossenen Augen mal in sich gehen und spüren wie weit weg die Wand vor einem und die Wand hinter einem sich anfühlt, dann wie weit weg die Wand rechts und die Wand links von einem ist.
- Sich selbst ermutigen
- Positive Gedanken beeinflussen den Stoffwechsel und der Unterschied ist körperlich zu spüren.
- In unangenehmen und schwierigen Situation nicht denken „Das schaffe ich nicht“, sondern sich positiv motivieren, z.B. mit „Ich habe schon ganz anderes geschafft“.
„Der Termin ist morgen – machen Sie schnell!“
Sollte der Stresspegel wiederholt sehr hoch sein und sich nicht mit den oben genannten Möglichkeiten reduzieren lassen, können nur langfristige Methoden helfen, dauerhaft den Weg aus dem Stress zu finden. Gerade Führungskräfte sind hier für einen dauerhaften Stressabbau gefragt: Grundsätzlich kann jedes Unternehmen aber dazu beitragen, dass das Selbstwertgefühl eines Mitarbeiters immer weiter steigt und damit das Stresslevel zu reduzieren.
Auch durch falsche Kommunikation kann im Unternehmen viel schief gehen. Deswegen sollte dauerhaft darauf geachtet werden, wie genau im Unternehmen kommuniziert wird. Dies betrifft sowohl die Kommunikation von Vorgesetzten zu Mitarbeitern als auch von Mitarbeiter zu Mitarbeiter.
Fragen, die sich Vorgesetzte in diesem Rahmen stellen sollten:
- Wie wird kommuniziert, wenn ein Fehler passiert ist?
- Haben die Mitarbeiter Angst Fehler zu machen?
- Wie sind die Formulierungen, wenn dem Mitarbeiter eine Aufgabe erteilt wird?
„Das muss noch bis xy erledigt werden“ oder „Termin ist der xy, machen Sie schnell“ – bei dieser Art der Formulierung bekommt man schon als Nichtmitarbeiter Stress. Deswegen sollten Vorgesetzte Sätze mit solchen Modaloperatoren wie „muss“, „soll“ etc. möglichst vermeiden. Stattdessen können Sätze wie „Bitte drucken Sie das noch aus. Dies hat Priorität, wir benötigen es bis xy, lassen Sie dafür xy liegen“ verwendet werden. Dies zeigt Respekt vor der Arbeit des Mitarbeiters und sagt ihm, dass dafür anderes zeitlich verschoben werden kann. Generell sollte Höflichkeit in der Kommunikation selbstverständlich sein. Dazu gehört auch, dass ganze Sätze verwendet werden. In vielen Firmen wird oft nur mit Zetteln mit kurzen Stichworten in Befehlston kommuniziert, etwa ein Zettel mit dem Wort „Rücksprache“.
Wenn Führungskräften auffällt, dass ein Mitarbeiter eher isoliert oder sehr zurück gezogen ist, kann dies meist an einem mangelnden Teamgefühl und einer fehlenden Wertschätzung der Vorgesetzten liegen. Hier muss der Vorgesetzte aktiv werden und seinen Mitarbeitern Ankerkennung entgegenbringen. Er sollte seine Mitarbeiter auch einmal für selbstverständliche Dinge loben, denn der Mensch wächst und entwickelt sich durch Lob und nicht durch Kritik.
Um das Gemeinschaftsgefühl zu stärken, können regelmäßig Teamevents abgehalten werden. So können die Mitarbeiter auch außerhalb des alltäglichen Arbeitstages ins Gespräch kommen und sich untereinander besser kennenlernen. Damit wird ein Wir-Gefühl erzeugt und vorgebeugt, dass sich einzelne Mitarbeiter ausgeschlossen fühlen oder gar gemobbt werden.
Den Stress wegbewegen
Sport oder Bewegung ist zusätzlich auch eine echte „Wunderwaffe“ gegen Stress. Am besten ist es, Sport täglich zu einer Routine zu machen und ihn somit zu einem alltäglichen Ritual zu machen. Gerade bei Personen, die sich schon in einer sehr ausgeprägten Stressphase befinden und möglicherweise schon mit Belastungen des Herz-Kreislauf-Systems zu kämpfen haben, ist es vollkommen ausreichend, nur kleinere Bewegungen in den Alltag zu integrieren, wie beispielsweise Spaziergänge in der Natur.